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Sentry – Die Geburt des Bösen

Bob Reynolds ist der mächtigste Superheld des Marvel-Universums. Eine vergessene Legende aus vergangenen Tagen mit der Kraft von einer Million explodierender Sonnen, auferweckt und wiedergeboren in der heutigen Zeit. Doch warum ist der Sentry sein eigener größter Feind? Um des Wahns Herr zu werden, der ihn verschlingt, muss er seinen Wurzeln auf den Grund gehen und lernen, wer oder was er wirklich ist.“ – Panini Comics

Robert Reynolds ist einer der mächtigsten Helden des Marvel Universums und gleichzeitig sein eigener schlimmster Feind. Unter dem Namen Sentry besitzt er die Kraft von tausend Sonnen und könnte als strahlender Retter gefeiert werden, doch in seinem Inneren lauert der Void, eine dunkle Seite, die ebenso zerstörerisch wie unaufhaltsam ist. Dieser Band erzählt nicht einfach eine Superheldengeschichte, sondern eine psychologische Reise in die Abgründe einer gebrochenen Figur, die zwischen Licht und Schatten gefangen ist.

Paul Jenkins verknüpft klassische Superhelden Elemente mit einer dichten, oft verstörenden Charakterstudie. Rückblenden und Erinnerungen vermischen sich mit der Gegenwart, Realität verschwimmt mit Wahnvorstellungen, und man ist sich nie sicher, ob das, was man liest, wirklich passiert oder nur in Roberts Kopf existiert. Gerade diese Unsicherheit macht die Lektüre spannend, aber auch beklemmend. Der Void ist dabei mehr als nur ein Gegenspieler, er ist ein Symbol für Depression, Angst und Selbstzerstörung, ein ständiger Schatten, der den Helden verfolgt.

Die Zeichnungen von John Romita Jr. passen perfekt zur Geschichte. Seine kantige, fast rohe Bildsprache spiegelt die Zerrissenheit der Figur wider. Sentry wirkt übermenschlich und erhaben, während der Void amorph und ungreifbar bleibt. Kontraste von Licht und Dunkel durchziehen jede Seite, und gerade dieser visuelle Gegensatz macht deutlich, dass hier kein typischer Kampf zwischen Held und Schurke erzählt wird, sondern ein innerer Krieg.

Besonders stark ist auch der Umgang mit Nebenfiguren. Bekannte Gesichter wie Spider Man, Hulk oder Reed Richards verleihen der Handlung Gewicht und zeigen, welche Tragweite Sentrys Existenz für das gesamte Universum hat. Gleichzeitig wird die Beziehung zu seiner Frau Linda und zu seinem Psychiater als intime Ankerpunkte genutzt, die verdeutlichen, wie sehr Reynolds im Alltag an seiner eigenen Identität zerbricht.

Sentry Die Geburt des Bösen ist keine leichte Kost und definitiv kein klassisches Popcorn Abenteuer. Wer eine geradlinige Heldenreise erwartet, wird überrascht, vielleicht sogar überfordert. Wer sich aber auf die düsteren und nachdenklichen Aspekte einlässt, erlebt eine Geschichte, die weit über das übliche Superheldenschema hinausgeht. Sie stellt unbequeme Fragen nach Macht, Verantwortung und Selbstkontrolle und gibt nur selten einfache Antworten.

Am Ende bleibt ein bedrückender, aber faszinierender Eindruck. Sentry ist Held und Monster zugleich, Retter und Bedrohung in einer Person. Diese Dualität macht den Band zu einem der interessantesten und ungewöhnlichsten Werke im Marvel Kosmos. Wer bereit ist, sich auf die psychologische Tiefe einzulassen, bekommt ein Comic, das lange nachhallt und zeigt, dass Superhelden nicht unantastbar sind, sondern oft am meisten an sich selbst scheitern.

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philippstier

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